29. Juli 2009

Die Krise als Chance für ehrliche Wertediskussion und neue Glaubwürdigkeit

Ehrlich gesagt, so langsam bin ich echt genervt, wie Krisen in Medien und Politik diskutiert wird. Die ewige Suche nach den Schuldigen auf der einen Seite und nach Regeln auf der anderen Seite mag ja die Gemüter erhitzen oder auch beruhigen, je nachdem, wen es betrifft. Aber es ist wie mit strengen Dopingregeln: Dann werden andere Wege gefunden, die rechtlich legal und moralisch fragwürdig sind. Regeln bauen eine Drohkulisse auf, aber sie beschäftigen sich nicht mit den Ursachen.

Das Grundproblem liegt meiner Ansicht nach viel tiefer: Es fehlt an Einsicht und Bewusstsein, an Wertorientierung und Glaubwürdigkeit. Das ständige Hecheln nach „immer größer, höher, weiter“ ist zu einem Fetisch in unserer westlichen Welt geworden. Was zählt ist der kurzfristige Erfolg, der natürlich immer höhere Dimensionen erreichen sollte.

„Ein Unternehmen braucht Gewinn wie ein Mensch Nahrung und Flüssigkeit. Aber beides ist die Grundlage, nicht der Daseinszweck“, sagt der Dalai Lama.

Wenn wir Entwicklungsprozesse in Unternehmen begleiten, stellen wir häufig Fragen wie „wozu sind Sie eigentlich da?“ oder „wozu braucht die Welt Ihr Unternehmen?“ Bei der Beantwortung dieser Fragen kommen manche Unternehmenslenker schnell ins Grübeln. Fragt man sie nach ihren Visionen, erhält man häufig Antworten wie „Umsatz und Gewinn um x Prozent zu steigern“ oder „den Markanteil zu erhöhen.“ Das mögen quantitativ durchaus wichtige Ziele sein, über den eigentlichen Zweck des Unternehmens sagen sie nichts aus.

Hier ist etwas aus dem Ruder gelaufen und die Menschen spüren das und ziehen ihre Konsequenzen daraus. Aus der Finanz- und Wirtschaftskrise ist längst eine Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise geworden.

Viele Mitarbeiter haben innerlich gekündigt oder machen Dienst nach Vorschrift. Das Vertrauen, dass Führungskräfte das Wohl des Unternehmens und damit auch der Mitarbeiter und der Kunden im Auge haben, ist massiv geschwunden. Den Politikern und Parteien laufen die Mitglieder, aber vor allem auch die Wähler weg. Es scheint, als wäre ihnen der Machterhalt wichtiger, als den Menschen und dem Land zu dienen.

Aber es sind nicht nur einige wenige Führungskräfte, die sich vergaloppiert haben. Jeder Mensch in unserer Gesellschaft muss sich auch selber an der eigenen Nase fassen. Wie sehr haben wir kontinuierliches Wachstum an Einkommen, Status, Macht zu einem wesentlichen Teil unseres Antriebs und damit auch zu unserem Sinn gemacht? Und wie soll das in einer globalisierten Welt eigentlich auf Dauer funktionieren?

„Der krasse Egoismus der letzten Jahre wird sozial geächtet sein. Menschen Sinn zu ermöglichen wird wichtiger“, sagt Malik. Das wird sicherlich eine zentrale Führungsaufgabe in der Zukunft sein. Aber das Thema Sinn kann man nicht an einige Wenige delegieren. Jeder Mensch ist dabei gefordert.

Wertorientierung und Glaubwürdigkeit sind fragile Güter. Wir brauchen in unserer Gesellschaft eine ehrliche Wertediskussion. Was ist uns wirklich wichtig? Und damit es kein Wunschzettel an den Weihnachtsmann wird, was sind wir bereit dafür zu tun und welchen Preis sind wir auch bereit dafür zu zahlen?

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Wertorientierung und Glaubwürdigkeit für Politiker und Unternehmen echte Wettbewerbsvorteile sein werden. Untersuchungen bestätigen, dass nachhaltig wirtschaftende und wertorientierte Unternehmen auf Dauer erfolgreicher sind.

Glaubwürdigkeit erwirbt man sich jedoch nicht durch Reden, Versprechungen und Hochglanzbroschüren. Alfred Herrhausen sagte: „In der Wirtschaft fehlen Menschen, die sagen, was sie denken, tun, was sie gesagt haben und sind, was sie tun.“ Dem schließe ich mich an.

Hans-Georg Huber schreibt im Coachingbüro-Blog zu Wertorientierung und GlaubwürdigkeitHans-Georg Huber, Gründer und Leiter des Coachingbüros, langjähriger Führungskräfte-Trainer und Prozessbegleiter – Beitrag vom 29.7.2009

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