Barbara Hofmann-Huber ist spezialisiert auf die Arbeit mit weiblichen Führungskräften
Barbara Hofmann-Huber ist seit vielen Jahren als Coach und Trainerin für weibliche Führungskräfte tätig.

Ein Interview mit Barbara Hofmann-Huber im IQ-Magazin

Barbara Hofmann-Huber ist Diplompsychologin und Diplompädagogin. Sie ist Partnerin im Coachingbüro Huber & Partner, leitet den dortigen Frauenschwerpunkt und bietet seit vielen Jahren Coaching und Seminare für weibliche Führungskräfte an.

IQ: Frau Hofmann-Huber, Sie haben im Coachingbüro einen eigenen Frauenschwerpunkt. Ist das nicht einfach nur ein Marketing-Gag?

Nein! Wir haben uns im Coachingbüro auf die Begleitung von beruflichen Entwicklungsprozessen spezialisiert und engagieren uns für ein konstruktives, kreatives Miteinander der Menschen in der Arbeitswelt. Mit dem Frauenschwerpunkt möchten wir Arbeitsstrukturen für Frauen und Männer unterstützen, in der die geschlechtsspezifischen Unterschiede Synergie-Effekte bilden können. Frauen bringen dabei eigenständige Entwicklungsvoraussetzungen mit, und auch die Themen weiblicher Führungskräfte unterscheiden sich teilweise sehr von denen männlicher Führungskräfte. Dazu kommt, dass die Mitarbeiterinnen des Coachingbüros über eine besondere Kompetenz für das Thema Frauen und Karriere verfügen. So befasse ich mich selber seit über 25 Jahren unter unterschiedlichen Gesichtspunkten mit diesem Thema.

IQ: Was wollen die weiblichen Führungskräfte wirklich? Karriere oder Familie?

In der heutigen Frauengeneration der 20- bis 40-jährigen wird das Thema „entweder Karriere oder Familie“ immer mehr abgelehnt. Die Frauen wollen beides. Es zeigt sich, dass Frauen zunehmend weniger die Anpassung an die männlichen Standards von Berufstätigkeit akzeptieren. Frauen wollen die Arbeitswelt so verändern, dass sie sich dort wohl fühlen und ihre vielfältigen Kompetenzen einbringen können. Die Wirtschaft kann es sich nicht leisten, die Kompetenz dieser Frauen durch unattraktive Arbeitsplätze zu verlieren.

IQ: Wo sehen Sie Karriere-Hindernisse?

Frauen haben in den letzten Jahren immer mehr berufliche Verantwortung übernommen. Dabei waren sie immer wieder dem Thema der Defizite ausgesetzt: Sind Frauen fachlich so gut wie Männer? Und es ist mittlerweile sehr deutlich: Sie sind es. Doch es zeigt sich, dass in den oberen Führungsetagen weibliche Führungskräfte weiterhin unterrepräsentiert sind.

Viele Frauen meinen, es läge an ihrer ungenügenden Fachkompetenz. Unsere Erfahrung ist, dass Frauen bestimmte Faktoren, die zur Führungskompetenz gehören, oft nicht kennen oder diese zunächst einmal ablehnen. Dazu gehört z.B., die eigene Arbeit innerbetrieblich gut darzustellen, Stichwort: Selbst–PR, oder zu erkennen, dass es weniger um die Arbeit, als um die gute Delegation der Arbeit geht.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass Frauen oft lernen müssen, dass neben guter Leistung, gut gepflegte Beziehungen für die Karriere unerlässlich sind, und ihre eigenen Netzwerke bilden. Dazu kommt, dass Frauen nach wie vor häufig damit konfrontiert sind, dass ab einer bestimmten Karrierestufe Männer, die mehrheitlich die Entscheider sind, ihrem eigenen Geschlecht mehr zutrauen.

IQ: Brauchen weibliche Führungskräfte thematisch andere Fortbildungsangebote?

Es ist weniger eine Frage des Themas. Vielmehr brauchen Frauen Angebote, in denen sie mit ihren spezifischen Problemstellungen wahrgenommen und abgeholt werden. Das gilt sowohl für Einzelcoaching, als auch für Seminare. So ist es z.B. bei Seminaren zur Selbst-PR erforderlich, dass Frauen ihre Wirkung auf Frauen und ihre Wirkung auf Männer unterscheiden lernen.

Ein sehr auf Selbstbehauptung ausgerichteter Auftritt wirkt z.B. auf viele Frauen abstoßend, ist jedoch gegenüber männlichen Kollegen, vor allem Untergebenen manchmal unerlässlich. Ein anderes Beispiel dafür sind Seminare zur Gesprächsführung. Frauen sind häufig sehr kompetent darin, den Kontakt zum Gesprächspartner herzustellen, jedoch weniger geübt, eine Gesprächsführung zu nutzen, um sich zu behaupten oder um Konflikte durchzustehen.

IQ: Im Berufsalltag treffen Frauen doch immer auf Männer. Könnten Frauen ihr Verhalten deshalb nicht praxisgerechter in gemischten Seminaren trainieren?

In Seminaren mit Männern lernen Frauen die Seiten der Rhetorik kennen, die ihnen vielfach fehlen, und das ist gut so. Basiert ein Seminar jedoch nur darauf, Rhetorik zu vermitteln, so lernen Frauen zwar das Sprachritual, der von Männern geprägten beruflichen Umwelt. Sie erleben sich jedoch oft als schlechte Kopie, was sich negativ auf ihr Selbstwertgefühl auswirkt.

Wenn jedoch zu dem Einüben neuer Kommunikationsmöglichkeiten gleichzeitig auch Einsichten darüber vermittelt werden, dass spezifische Kommunikationsstile in unterschiedlichen Kontexten Wirkung zeigen, dann erweitern weibliche Führungskräfte ihre Fähigkeiten. Sie behalten die Sicherheit, die verbindende Sprache zur Teambildung zu nutzen und die selbst behauptende Sprache bei Präsentationen anzuwenden.

IQ: Frauen gelten als harmoniebedürftiger als männliche Führungspersönlichkeiten. Wie sieht es mit der Konfliktfähigkeit von Frauen aus?

Bei der Konflikt-Kommunikation bringen Frauen sehr viel Kompetenz mit, die jedoch erst für sie nutzbar wird, wenn sie der einzelnen Frau selbst bewusst wird. Es geht darum, jonglieren zu lernen zwischen Selbstausdruck und Einfühlungsvermögen, zwischen Abgrenzung und Verständnis, zwischen dem Stellen von Forderungen und der Kompromissfähigkeit.

IQ: Warum brauchen weibliche Führungskräfte Seminare, in denen sie unter sich sind?

Gerade im Führungsbereich ist es sehr sinnvoll, dass sich Frauen untereinander
austauschen. Es ermöglicht weiblichen Führungskräften offener miteinander zu reden. Sie können dabei erleben, dass sie mit speziellen Problem nicht alleine sind. Sie können von einander lernen und Frauen können auch das Miteinander-Arbeiten lernen. Dazu gehört die Entwicklung von Führungsstrategien, von Delegation und von Umgang mit Konflikten mit und zwischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.

Die Etablierung einer eigenen Führungskompetenz braucht das Miteinander mit anderen Führungsfrauen, denn Frauen brauchen viel Durchsetzungsvermögen. Vorgesetzte von Männern zu sein ist eine Herausforderung, doch von Frauen als Führungsfrau anerkannt zu werden, erfordert auch viel Fingerspitzengefühl. Denn dabei gilt es meist das Thema Neid und Konkurrenz zwischen Frauen zu meistern.

IQ: Wie ist die Resonanz der Wirtschaft auf die Angebote für weibliche Führungskräfte?

Zunehmend positiv. Kürzlich war ich bei einem großen international tätigen Dienstleistungsunternehmen als Referentin zu diesem Thema eingeladen. Dort wird innerbetrieblich an einer Neukonzeption der Fortbildung für Frauen gearbeitet. In anderen Unternehmen gibt es ähnliche Entwicklungen. Kein Unternehmen kann und will es sich heute leisten, Ressourcen von Mitarbeiterinnen ungenutzt zu lassen. Innerhalb der Unternehmen etablieren sich auch immer mehr Frauennetzwerke, da Frauen auch die Wichtigkeit des Miteinanders erkennen.

Zudem ist die Wirtschaft selbst in einem Veränderungsprozess begriffen, der weibliche Kompetenz immer mehr zu schätzen lernt. So sind früher als „typisch weiblich“ dargestellte Eigenschaften wie Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen und Intuition immer mehr zu Schlüsselqualifikationen innerhalb der Wirtschaft und Gesellschaft geworden.

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