4. September 2013

Buchrezension: Kristin Neff, „Selbstmitgefühl – Wie wir uns mit unseren Schwächen versöhnen und uns selbst der beste Freund werden“

Das eigene Potential zu realisieren und erfolgreich sein zu wollen, ist eine starke Motivation. Diesen Weg in der aktiven Auseinandersetzung mit den Erfordernissen beruflichen Feldes zu gehen, schafft Erfolge. Doch dieser Weg ist nicht so eindimensional, wie wir vielfach glauben, oder uns glauben gemacht wird: „Geht nicht, gibt’s nicht!“ Es gibt immer wieder Hindernisse und Probleme. Diese liegen nicht nur in der eigenen Unzulänglichkeit, sondern auch in äußeren Gegebenheiten. Diese nicht zu sehen, verortet die Ursachen für Misserfolg einseitig in die eigene Person und Misserfolg wird damit Teil des eigenen Versagens oder der individuellen Unzulänglichkeit.

Wie sehr gerade bei Frauen der Karriereweg von strukturellen Bedingungen in Unternehmen abhängt, ist nicht Thema. Doch wie diese individuell verarbeitet werden, dazu kann das Buch der amerikanischen Psychologie-Professorin Kristin Neff Erhellendes und Nützliches beitragen.

Fehler zu machen ist menschlich. Daraus zu lernen, ist die Aufgabe, um langfristig erfolgreich zu sein. Um das zu können, braucht es eine liebevolle Beobachtung dessen, was geschah. Lag es wirklich in der eigenen Macht, das zu ändern? Wenn nicht, gilt es, eigene Einflussfaktoren, die gesteuert werden können, herauszufinden. Was kann ich in mir verändern? Was sind Stellschrauben in der sozialen Umgebung, an denen angesetzt werden kann?

Frauen fällt das vielfach schwer. Sie verlangen von sich bereits Können, wo es um den Mut, das Ausprobieren von Neuem geht. Wenn Sie noch nie geführt haben, wie wollen Sie wissen, ob Sie eine gute Führungskraft sind? Sie können sich dieser neuen Erfahrung nur aussetzen und aus den dort gemachten Erfahrungen lernen. Lernen gelingt am besten durch eine liebevolle, achtsame Selbstwahrnehmung und eine nicht wertende Beobachtung der Realität. Nicht „wie sie sein sollte“, vor allem nicht „wie Sie selbst sein sollten“ ist das Thema, sondern wahrnehmen, was ist. Nach diesem ersten Schritt der nichtwertenden Wahrnehmung, entdecken Sie Handlungs- und Veränderungsmöglichkeiten.

Gerade der sehr hohe Anspruch von Frauen an sich selbst ist dabei „ein zweischneidiges Schwert“. Einerseits treibt der eigene hohe Anspruch zu Höchstleistungen. Andererseits verhindert er so locker bleiben zu können, dass Fehler sein dürfen. Je mehr der eigene Anspruch die Form des Perfektionismus annimmt, umso schwerer ist es, sich spielerisch Neuem zu öffnen und damit noch unerkannte Potentiale zu entdecken, zu erschließen und zu erproben. Um die eigene Ambition voll entfalten zu können, bedarf es immer wieder den Mut sich auf eigene Facetten einzulassen, die noch nicht ausgereift und integriert sind, die eben nicht den perfekten Anspruch erfüllen. Je mehr das Selbstwertgefühl von einem Bild der Perfektion geprägt ist, umso mehr verhindert es die ersehnte Vervollkommnung. Dieses Paradoxon können Sie durch die Entwicklung von Selbstmitgefühl auflösen. Es geht dabei um die Stärkung der eigenen Wurzelkraft, der Fähigkeit innere seelisch-körperliche Kraftquellen zu erschließen.

Was genau ist Selbstmitgefühl?

Der amerikanischen Psychologin und Wissenschaftlerin gelingt es, in einem leicht verständlich geschrieben Buch dieses komplexe Thema zu behandeln. Die Quelle des Wissens liegt in der Integration von buddhistischen Weisheiten in die moderne Psychologie, vor allem in den Umgang mit Stress und der Entwicklung von Selbststeuerung und Resilienz.

Die drei Bestandteile des Selbstmitgefühls (Selfcompassion) schildert Neff ausführlich in drei Kapiteln:

  • Selbstfreundlichkeit (Selffriendliness). Mitgefühl und Freundlichkeit anderen Menschen gegenüber gehört zur sozialen Kompetenz, die vielen Frauen leicht fallen. Doch leider ist es nicht Selbstverständlich, sich so liebevoll zu behandeln, wie andere. Wieso das so ist, erklärt Neff sehr anschaulich.
  • Verbindende Humanität (Connecting humanity). Hier ist das Wissen um das Leiden, das zum Menschsein dazu gehört, zentral. Es geht dabei nicht darum Opfer zu sein, sondern in diesem Wissen sich mit anderen Menschen verbunden zu fühlen und daraus die eigene Selbstwirksamkeit erweitern zu können. Ausführlich beschäftig sie sich mit dem Thema Perfektionismus (s.96 ff)
  • Achtsamkeit (Mindfulness). Wie geht es dieses Wissen und diese Erkenntnis in das gelebte Leben umzusetzen? Dies erklärt die Autorin umfassend und anwendungsnah.

Wollen Sie darüber hinaus:

  • wissen was der Unterschied von Selbstwertgefühl und Selbstwertschätzung ist?
  • durch einen Test herausfinden, wie intensiv Ihr Selbstmitgefühl ausgeprägt ist? – Sie finden ihn am Ende des Buches.
  • fundierte Erkenntnisse über Mitgefühl, Selbstmitgefühl und die Verbindung zu beruflichem und persönlichem Erfolg erhalten? In vielen wissenschaftliche Studien finden Sie vielfältige Belege und umfangreiche Literaturangaben.
  • Selbstmitgefühl ausprobieren? Sie erhalten durch vielfältige und gut beschrieben Übungen die Möglichkeit auszuprobieren, ob die Praxis des Selbstmitgefühls für Sie eine Bestärkung darstellen kann. Doch auch hier gilt, was bei Sport und allen Übungen mit Körperwahrnehmung zutrifft: Übung macht die Meisterin.

Viel Freude beim Lesen und Erfahren!

Verlag Kailash, München 2012
ISBN:978-3-424-63055-8

Barbara Hofmann-Huber schreibt im Coachingbüro-Blog über das Buch SelbstmitgefühlBarbara Hofmann-Huber, Diplom-Psychologin und Partnerin im Coachingbüro, Trainerin und Coach von weiblichen Führungskräften

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