Ein Interview mit Hans-Georg Huber im IQ-Magazin
Der Freiburger Diplom-Psychologe Hans-Georg Huber arbeitet seit vielen Jahren als Trainer und Coach und ist der Leiter des Coachingbüro Huber & Partner. Zu seinen Klienten zählen Führungskräfte aus der Wirtschaft, selbständige Unternehmer und Spitzensportler. Neben einer Vielzahl von internen und externen Seminaren bietet er Ausbildungen zum Coach und Prozessbegleiter an.
Coaching boomt, immer mehr Coaches streiten sich auf dem Markt um den begrenzten Kuchen, den es zu verteilen gibt. Da das Berufsfeld und die notwendigen Qualifikationen nicht klar umrissen sind, haben es Führungskräfte, Unternehmer und Personalentscheider schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen. Der Coaching-Experte Hans-Georg Huber erläutert in einem Interview, auf welche Kompetenzen es ankommt und welche Kriterien bei der Suche nach dem „richtigen“ Coach beachtet werden sollten. Das Interview führte Horst Heger von der Zeitschrift IQ.
Herr Huber, was zeichnet Ihrer Meinung nach einen guten Coach aus?
Den guten Coach schlechthin, gibt es nicht. Aber es ist möglich, den richtigen Coach für sich selber zu finden, der natürlich gewisse grundlegende Voraussetzungen mitbringen muss. Coaching ist bis heute kein eigenständiger Ausbildungsberuf, d.h. jeder entscheidet selber, wie er sich für die Tätigkeit als Coach qualifiziert. Eine gute Grundlage ist in jedem Fall eine praxiserprobte wirtschaftliche und psychologische/ pädagogische Doppelqualifikation.
Wirtschaftliches Know-how hilft, die Zusammenhänge im Unternehmen zu verstehen, die psychologische Kompetenz, den einzelnen Menschen in seiner Individualität zu erkennen. Darüber hinaus braucht es eine gereifte Persönlichkeit, eine professionelle Haltung und natürlich auch grundlegende methodische und kommunikative Fähigkeiten. Häufig wird der Schwerpunkt zu sehr auf Techniken gelegt, aber Techniken wirken nur durch die Persönlichkeit und die Haltung des Coaches. Hier liegen bei vielen Coaches die Defizite. Deshalb setzen wir mit unserer Ausbildung zum Coach und Prozessbegleiter hier bewusst einen Kontrapunkt.
Was braucht es an Persönlichkeit und Haltung beim Coach?
Beides hängt sehr eng zusammen. Der Klient braucht ein echtes Gegenüber, einen Menschen, der Höhen und Tiefen kennt, der kontinuierlich an seiner eigenen Entwicklung arbeitet und der offen kommunizieren kann. Zu den Kernkompetenzen zählen sicherlich Einfühlungsvermögen, Neugierde und Kreativität, systemisches Denken, die Bereitschaft zur Konfrontation und die Fähigkeit, den Menschen abzuholen und neue Blickwinkel zu eröffnen. Eine professionelle Haltung setzt voraus, den Klienten darin zu unterstützen, seinen “eigenen Weg” zu entwickeln. In diesem Sinn ist ein Coach eher ein Entwicklungshelfer als ein Lehrer.
Gibt es irgendwelche grundsätzliche Regeln, wie man am besten einen Coaching-Prozess aufbaut?
Als allererstes geht es darum, ein Arbeitsbündnis zwischen Klient und Coach herzustellen. Dazu gehören ein gegenseitiges Kennenlernen, das Klären der Ziele für das Coaching, die finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen, sowie die Entscheidung für eine Zusammenarbeit. Dies findet in der Regel in einem Vorgespräch statt. Das Coaching selber läuft häufig folgendermaßen ab: Zuerst wird die Vision oder das Ziel solange weiterentwickelt, bis es eine hohe Attraktivität hat, gleichzeitig jedoch im Bereich der eigenen Möglichkeiten liegt und kompatibel mit anderen wichtigen Lebensbereichen ist.
Spätestens an diesem Punkt wird häufig eine gewisse Ambivalenz deutlich, die den Klienten bisher gehindert hat, sein Ziel zu erreichen. Hier geht es darum, neue Blickwinkel zu eröffnen und neue Wege zu finden. Der nächste Schritt ist dann, die Ressourcen und Fähigkeiten wiederzuentdecken oder neu zu entwickeln, die für dieses Vorhaben wichtig sind. Anschließend werden erste Handlungsschritte entwickelt, die der Klient in seinem Alltag umsetzt.
Wie erkennen Sie, ob Sie auf dem richtigen Weg sind?
In jedem einzelnen Coaching-Prozess ist es sinnvoll, regelmäßig eine Zwischen-Bilanz zu ziehen und mit dem Klienten gemeinsam zu überprüfen, wo er im Hinblick auf seine definierten Ziele steht. Sonst passiert es leicht, dass man sich in Alltagsthemen verliert und nicht von der Stelle kommt. Erfolg ist, wenn man seine Ziele erreicht. Deshalb ist die Zielklärung am Anfang des Coaching auch so wichtig.
Nun hat ja jeder Mensch, was ihn selber betrifft, den ein oder anderen blinden Fleck. Wie können Sie ihm da weiterhelfen?
Am ehesten erkennt der Coach diese Punkte daran, dass dort viel Energie gebunden ist und der Coaching-Prozess stockt. Wirkliche Veränderungen brauchen ausreichend Energie, die häufig in inneren und äußeren Konflikten und Kompromissen gebunden sind. Das gilt es dann zusammen mit dem Klienten zu überprüfen. Dafür ist viel Erfahrung und ein gutes Gespür nötig. Mit den Teilnehmern unserer Ausbildung zum Coach und Prozessbegleiter nehmen wir uns dafür viel Zeit, weil dies ein ganz entscheidender Punkt für das Gelingen eines Coachings ist, der ein hohes Maß an Sensibilität und Aufmerksamkeit erfordert.
Besteht dabei nicht die Gefahr, dass man im Coaching zu sehr in Problemen, statt in Lösungen denkt?
Nein, weil sich ein Problem immer nur im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel stellt. Es ist wie ein Hindernis, das den Weg versperrt. Deshalb ist es so wichtig, darauf zu achten, dass das Problem nicht den Blick auf das Ziel verstellt. Gelingt dies nicht, dann führt die Beschäftigung mit dem Problem allerdings in eine Sackgasse.
Welchen beruflichen Background haben die Teilnehmer Ihrer Coaching Ausbildung?
Das ist sehr verschieden. In unserer letzten Fortbildung waren z.B. der Leiter der Personalentwicklung eines großen deutschen Konzerns, der Geschäftsführer eines Fortbildungsinstitutes, soziale Berufe, selbständige Trainer und auch ein Psychologe, der langjährige Erfahrung als Psychotherapeut hat und neue berufliche Herausforderungen sucht.
Ist das nicht sehr schwierig, mit einer so heterogenen Gruppe zu arbeiten?
Ganz im Gegenteil. Unser Konzept basiert darauf, dass die Teilnehmer sich aktiv mit ihrer Kompetenz einbringen. Insofern ist die Verschiedenheit ein großer Vorteil. Und da wir darauf achten, dass die Teilnehmer viel praktische Erfahrung sammeln, haben sie während der Fortbildung vielfältige Übungsmöglichkeiten. Um diesen lebendigen Lernprozess zu fördern und ausreichend Platz für die individuellen Themen des Einzelnen zu haben, gibt es für die Fortbildung eine Teilnehmerbegrenzung auf 10 Personen.
Sie arbeiten seit vielen Jahren selber als Coach von Unternehmern und Führungskräften. Gibt es Themen, die immer wieder auftauchen?
In den letzten Jahren haben sich vor allem Themen wie Burn-out und Veränderung der Führungsrolle im Unternehmen gehäuft. Zunehmend mehr Unternehmen stellen mittlerweile auch Führungskräften, die neu in das Unternehmen kommen, einen Coach an die Seite, um ihnen den Einstieg zu erleichtern. Ansonsten ist eigentlich alles Thema, was beruflichen Erfolg und seelisches Wohlbefinden betrifft.
Was für Techniken und Methoden wenden Sie in Ihrer Arbeit an?
Durch meine langjährige Erfahrung und viele Fortbildungen ist mein Werkzeugkoffer natürlich gut gefüllt. Grundsätzlich gilt es die Techniken herauszufinden, die am besten zum Klienten und seinen Themen passen. Eine meiner wesentlichen Stärken ist sicherlich, die Klienten herauszufordern und zu ermutigen, ihren eigenen Weg zu entwickeln und zu sich zu stehen. Dabei spielt ein ehrliches Feedback oft eine wichtige Rolle. Ich arbeite gerne mit Visualisierungs-Techniken, Moderationsmaterial, mit dem Malen von Bildern und mit Rollenspielen, um die Themen mal von einer ganz anderen Seite angehen zu können. Wichtig ist mir dabei, dass es ein lebendiger Prozess ist, der zum Erfolg führt und Spaß macht. Deshalb wird bei mir im Coaching auch viel gelacht.
Wie findet man den richtigen Coach?
Große Unternehmen haben häufig einen Coaching-Pool, aus dem sie externe Coaches empfehlen. Wenn man sich selber auf die Suche macht, ist es gut, sich nach Empfehlungen um zu horchen oder in Fachmagazinen zu recherchieren. Grundsätzlich jedoch gilt: der Coach muss zu einem passen. D.h. es braucht ein gewisses Maß an Sympathie, eine gute Kommunikation und das Gefühl, dass der Coach einen wirklich herausfordern kann. All dies lässt sich in der Regel in einem Vorgespräch überprüfen, ebenso wie Methodenkompetenz, Erfahrung und Referenzen des Coaches.