Coaching – Interview mit Hans-Georg Huber für „Beruf + Karriere“

Herr Huber, wie würden Sie Coaching definieren?

Coaching ist die Begleitung eines Menschen in einem Entwicklungsprozess, wobei der Fokus auf der beruflichen Entwicklung liegt. Der Coach ist dabei in der Rolle eines Katalysators, der diesen Prozess fördert, die inhaltliche Entscheidung über die Richtung jedoch bei seinem Klienten lässt. Auf diese Weise kommt der Klient zu Ergebnissen, hinter denen er voll und ganz stehen kann.

In welchen Situationen ist Coaching sinnvoll?

Grundlegende Voraussetzung ist, dass der Mensch etwas aktiv verändern will und die Verantwortung dafür in seine Hände nimmt. Ist dies der Fall, kann Coaching eine Vielzahl von Funktionen erfüllen.

Es kann eine grundsätzliche Klärung unterstützen, was der Mensch in seinem Berufsleben bewegen will, wie und mit welchen Projekten er dies erreichen kann, das Wiederentdecken und Weiterentwickeln der dafür notwendigen Fähigkeiten und Ressourcen bis hin zur konkreten Realisierung. Coaching kann dabei helfen, innere und äußere Konflikte wieder in konstruktive Bahnen zu lenken, in neue Arbeitsbereiche und Positionen hinein zu finden, sein Potential voll auszuschöpfen.

Wo liegen die Grenzen des Coachings?

Natürlich darf Coaching nicht die Funktion einer „heimlichen Therapie“ erfüllen, wenn der Klient Probleme von Krankheitswert hat. Und es darf sich nicht zum Erfüllungsgehilfen Dritter machen lassen, z.B. den Interessen des Arbeitgebers, unter dem Motto: „Können Sie dem nicht mal ordentlich den Kopf waschen“. Darüber hinaus werden die Grenzen durch die Begrenzungen der Beteiligten, die Qualität ihrer Zusammenarbeit und natürlich auch die Grenzen der Realität bestimmt.

Wie sieht bei Ihnen eine typische Coachingsitzung aus?

Das ist sehr abhängig von den Personen und ihren Zielen. Zu Beginn jedes Coachingprozesses werden die Ziele geklärt und in jeder der folgenden Sitzungen überprüft, ob wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Da der Erfolg sich an der Realität misst, gibt es am Anfang der Sitzung meist eine Phase, in der geschaut wird, wie das Erarbeitete umgesetzt wurde, welche Hindernisse aufgetaucht sind und welche neuen Erkenntnisse gewonnen wurden. Im weiteren Verlauf besteht meine Hauptaufgabe darin, neue Blickwinkel zu eröffnen, neue Ressourcen zu finden und damit neue Möglichkeiten zu schaffen. Dazu nutze ich Methoden, die über das reine Gespräch hinausgehen, und die Themen anschaulicher und lebendiger darstellen, z.B. Visualisierungstechniken und Rollenspiele. Am Ende der Sitzung geht es wiederum um die konkrete Umsetzung im Alltag, die nächsten Schritte.

Wie lange/über welchen Zeitraum betreuen Sie üblicherweise Ihre Klienten?

Coachingsitzungen dauern in der Regel 2-3 Stunden und finden meist in Abständen von zwei bis vier Wochen statt. Abhängig von der Person und dem Thema erstreckt sich das Coaching meist auf eine Zeitraum zwischen vier Monaten bis zu eineinhalb Jahren.

Können dabei Abhängigkeiten entstehen? Wenn ja, ab wann?

Das ist nicht so sehr eine Frage der Zeit. Abhängigkeit entsteht dann, wenn der Klient das Coaching dauerhaft als Krücke zur Bewältigung seines beruflichen Alltags nutzt, ohne sich weiterzuentwickeln. Ein guter Coach wird dies niemals zulassen, sondern den Klienten dabei unterstützen, seinen eigenen Weg selbstverantwortlich zu gehen. Insofern ist der Coach nur Wegbegleiter auf Zeit.

Wer fragt hauptsächlich Coaching nach (ältere oder jüngere Führungskräfte, Firmen oder Einzelpersonen…) ?

Altersmäßig liegt der Schwerpunkt zwischen 35 bis 50 Jahren. In letzter Zeit fragen jedoch zunehmend mehr junge Führungskräfte an, die sich fachlich enorm schnell entwickelt haben, deren Persönlichkeit und Qualitäten, was die Mitarbeiterführung betrifft, verständlicherweise jedoch nicht in diesem Tempo mitwachsen konnten. Die meisten Klienten wenden sich persönlich an uns. Da wir verschiedene Niederlassungen in Deutschland und der Schweiz haben, sind wir bei einigen Großunternehmen im Coachingpool, aus dem heraus sie ihren Mitarbeitern Coaches empfehlen.

Was ist beliebter, Einzelcoaching oder Teamcoaching/Seminare?

Wir arbeiten in allen drei Bereichen, wobei die Zielsetzung jeweils eine andere ist. Im Einzelcoaching steht die einzelne Person mit ihren Zielen, Fähigkeiten und Begrenzungen im Mittelpunkt. Bei Teams steht das Gemeinsame im Vordergrund, wobei der Einzelne sich nur dann engagiert einbringen wird, wenn seine Ziele und Werte ausreichend Berücksichtigung finden. Hier geht es meist um gemeinsame Visionen und Leitbilder, um das Auflösen von Konflikten und um ein konstruktives und kreatives Miteinander. In Seminaren geht es meist um den Erwerb grundlegender Fähigkeiten, die jedoch anders als im Einzelcoaching nur begrenzt maßgeschneidert sind, da sich die einzelnen Personen in ihren Zielen unterscheiden.

Müssen Firmen darüber informiert werden, wenn ihre Führungskräfte gecoacht werden?

Wenn der Klient selber der Auftraggeber ist, unterliegt dies absolut der Schweigepflicht. Ist sein Arbeitgeber der Auftraggeber, erhält dieser vom Coach nur Informationen darüber, wann die Termine stattgefunden haben, jedoch keine inhaltlichen Angaben.

Unterstützen Firmen im Allgemeinen das Coaching? Wenn ja, warum und in welcher Form tun sie das?

Immer mehr Unternehmen erkennen, dass Coaching eine sinnvolle Unterstützung für ihre Führungskräfte ist. Die Unternehmen befinden sich heute in einem ständigen Wandel, der ein hohes Maß an Flexibilität, sozialer und persönlicher Kompetenz von den Führungskräften fordert. Zunehmend mehr Unternehmen bauen Coachingpools auf, überprüfen die Kompetenz der Coaches und übernehmen die Kosten.

Was macht einen guten Coach aus?

Ein guter Coach zeichnet sich durch eine klare professionelle Haltung aus, welche die Verantwortung für die Richtung beim Klienten lässt und durch eine gestandene Persönlichkeit. Darüber hinaus braucht er die Fähigkeit, seinen Klienten da abholen zu können, wo dieser ist, ein großes Engagement für stimmige Lösungen und ein grundlegendes Vertrauen in den Menschen. Dazu noch möglichst viel Erfahrung in der Förderung von Entwicklungsprozessen und einen prall gefüllten Werkzeugkoffer, vor allem was Kommunikation und systemisches Verständnisangeht.

Wie findet man einen guten Coach?

Am einfachsten sicherlich über Empfehlung von Freunden oder Bekannten. Ansonsten muss man ein wenig recherchieren, z.B. in Fachpublikationen. Entscheidend ist jedoch, der Eindruck, den Sie in einem Vorgespräch gewinnen. Ein guter Coach wird dort mit Ihnen zusammen überprüfen, ob Sie bei ihm wirklich am richtigen Ort sind.

Können Sie eine verstärkte Nachfrage nach Coaching feststellen und wenn ja, worauf führen Sie das zurück?

Coaching ist in den letzten Jahren salonfähig geworden. Zum einen hat sich die Nützlichkeit langsam herumgesprochen, zum anderen haben sich Unternehmens- und Führungskultur stark verändert. Als Moderatoren des Wandels werden von Führungskräften heute ganz andere Fähigkeiten verlangt, und das noch in einer Schnelligkeit, die mit dem Tempo der Veränderungen in Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft Schritt hält.

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