Ein Interview mit Barbara Hofmann-Huber in Bayern 2
Barbara Hofmann-Huber ist Diplom-Psychologin und Coach für Führungsfrauen in Freiburg.
Frau Hofmann-Huber, es heißt immer wieder, Frauen stellten bei Bewerbungen ihr Licht unter den Scheffel anstatt aufzutrumpfen, wie es die Männer tun. Ist da was dran?
Aus meiner Erfahrung mit der Arbeit mit Führungsfrauen ist das wirklich so. Und zwar liegt das daran, dass viele Frauen ihre Fähigkeiten sehr selbstkritisch beurteilen, zum Teil sich vieler Kompetenzen gerade im Bereich der Sozialkompetenz gar nicht bewusst sind, sondern sie als selbstverständlich sehen, und Dinge positiv insbesondere dann benennen, wenn sie meinen, es ist etwas ganz Einzigartiges. Und viele Fähigkeiten, die man sehr gut kann, die sind eben nicht einzigartig, und man muss sie trotzdem benennen können. Und das wird oft übersehen.
Und Männer, die schneiden dann eher gerne mal auf und streichen dicker auf?
Genau. Es gibt ja auch durchaus in dem Bereich Studien, dass wenn nach den berühmten Englisch-Kenntnissen gefragt wird, Frauen sagen: „Ja, die könnten immer noch besser werden!“ und messen sich an nativ Speakern. Und Herren sagen: „Nein, da ist alles wunderbar, alles im grünen Bereich!“. Und wenn man dann im Nachgang das wirklich über Tests nachprüft, ist die Frau in der Sachlage oft deutlich qualifizierter.
Das heißt, wenn Sie eine Kandidatin bei Ihnen haben, die sich beraten lässt, dann sagen Sie auch: erst mal analysieren, was kannst du, und dann schauen, dass du es auch ins rechte Licht rückst, also dass Sie die Frauen dazu auch ermuntern?
Absolut! Das ist ein ganz zentrales Tätigkeitsfeld, immer wieder ganz klar und bewusst benennen zu können, was man kann, und das wirklich sichtbar zu machen. Nicht zu erwarten, dass das Gegenüber das wissen könnte, sondern immer wieder das Gegenüber zu befähigen, eigene Leistungen zu sehen. Das ist sicherlich auch im Gehaltsbereich oft ein Problem, dass Frauen nicht wissen, dass sie es aktiv sichtbar machen müssen, sondern davon ausgehen: wenn ich gute Arbeit mache, müsste das meine Führungskraft sehen. Das ist aber nicht zwingend der Fall, weil die Qualität, die Frauen bringen, oft auch nicht gesehen wird.
Nun sind ja Netzwerke in der Firma wichtig und Seilschaften auf dem Weg zum Gipfel, auch im Unternehmen. Da heißt es immer, Männer täten sich da leichter als Frauen. Erstens stimmt das, und zweitens wenn ja warum?
Ich glaube, dass Frauen einerseits natürlich eine ganz große Beziehungskompetenz haben…
…da müsste es ja leichter fallen, Netzwerke zu knüpfen!
Ja. Meine Erfahrung ist, dass es Frauen manchmal sozusagen „unappetitlich“ finden, Beziehungen, die sie haben, für berufliches Fortkommen zu nutzen. Das ist etwas, wo Frauen sehr empfindlich sind. Sie achten eher auf ein System von Geben und Nehmen. Das ist die eine Sache. Warum sich Führungsfrauen aber manchmal auch schwer tun ist, dass sie meinen, Netzwerke eher über die Basis der Sympathie, jemanden zu mögen, aufzubauen, während ein berufliches Netzwerk ja durchaus mit der berühmten unsympathischen Person, die aber an der richtigen Position sitzt, die für mich interessant sein könnte, auch geknüpft wird. Und ich glaube, da unterschätzen Frauen auch manchmal ihre Fähigkeiten, sich einer vordergründig unsympathischen Person so zu nähern, dass da auch Sympathie deutlich ist.
Das hört sich jetzt alles so ein bisschen an, als würden Sie den Frauen insgesamt raten: „Seid etwas skrupelloser, weil die Männer es ja auch sind“?
Nicht skrupelloser sondern mehr: „Durchschauen Sie mehr, wie eine Realität statt findet, und nutzen Sie diese so, dass Sie in den eigenen Spiegel gucken können!“