Coaching und Seminare für Frauen in Führungspositionen mit Barbara Hofmann-Huber
Barbara Hofmann-Huber bietet seit vielen Jahren Seminare und Coaching für Frauen in Führungspositionen an.

Coaching als Katalysator für die Entwicklung der weiblichen Führungspersönlichkeit

Vortrag von Barbara Hofmann-Huber auf dem Coaching-Kongress 2003

Wieso behandle ich mit Ihnen das Thema „weibliche Führungspersönlichkeit“?

Ist Führen nicht eine Funktion, die mit Hilfe von Führungstechniken sowohl von Frauen als auch Männern gleichermaßen erfolgreich umgesetzt werden kann? Ist diese Fragestellung nicht eine praxisferne, typisch für Psychologen? Oder suggeriert dieses Thema gar: erst wenn die Persönlichkeit entwickelt worden ist, darf sich Frau ans Führen heranwagen, und es entsteht dadurch eine weitere Hürde, die gegen Frauen genutzt werden kann, um die schon geringe Anzahl der Führungsfrauen als Farbtupfer in der männlichen Führungswelt zu belassen?

In dem Thema liegt eine Doppelbotschaft. Es scheint um Frauen zu gehen und doch geht es darüber hinaus um die Entwicklung der „weiblichen Anteile“ im männlichen Führungsverhalten. Gemeint ist damit, dass der Zugang zur Beziehungsorientierung gleichwertig neben den der Handlungsorien­tie­rung gestellt wird, dass dem Planen ebenso Bedeutung zukommt wie dem Geschehen lassen. Die Integration der Gefühle, der Intuition, der Balance zwischen Bezogenheit und Sachlichkeit, auch die der Kurz- und Langfristigkeit, die der Nachhaltigkeit und des zyklischen Denkens, all diese Themen gehören zu diesem Kontext.

Wieso ist das Thema der Persönlichkeit so wichtig für Frauen in Führungspositionen? Ich möchte sogar so weit gehen, dass die mangelnde Wertschätzung und Integration des „weiblichen Pols“ in die Berufswelt mit ein entscheidender Grund dafür ist, dass so wenig Frauen Führungspositionen anstreben.

  1. Die weibliche Geschlechtsrolle sozialisiert für die Familienarbeit und befähigt daher zur Beziehung auf „gleicher Ebene“ und nicht zum Führen innerhalb der Hierarchie. Es fehlt daher Frauen an Rollenvorbildern, wie „Führung innerhalb einer Funktion“ aussehen kann.
  2. Die weibliche Gruppe kennt sehr wohl Hierarchien und auch Ton angebende Sprecherinnen. Doch diese sind selten auf Grund einer herausstechenden Funktion sofort zu ermitteln, sondern diese sind die dominanteren, stärkeren Persönlichkeiten, die Einfluss auf das Geschehen nehmen. Daher ist es für viele Frauen ein völlig neuer Gedanke, dass sie gar nicht mittels Persönlichkeit führen müssen, sondern qua ihrer Funktion das Recht zu Anweisungen, Sanktionierungen und Lenkung besitzen könnten.
  3. Die Rollenakzeptanz von Frauen in Führungspositionen wird sowohl von Frauen als auch von Männern intensiver hinterfragt oder durch geringere Akzeptanz auf der Ebene von Verhalten in Frage gestellt.

Die Zuschreibung von Führungskompetenz

Es besteht eine Rollendivergenz zwischen Frau und Führen: Wie entwickelt die Frau eine angemessene Autorität weiblichen und männlichen Mitarbeitern gegenüber?

Für die Sozialisation des Jungen ist sehr schnell klar: in der Familie gelten andere Regeln als in der Männerwelt, in der Öffentlichkeit und im Beruf. Daher lernen Jungen diese aktiv kennen und versuchen nicht, zwischen den Regeln und Werten der Familie und der Schule/Öffentlichkeit /Berufswelt eine Verbindung zu finden. Frauen bleiben Frauen, in der Verantwortlichkeit für die Familienarbeit und auch wenn sie sich in die Verantwortung der beruflichen Arbeit hinein begeben. Da unsere Ausbildungsgänge in Schule, Betrieb und Studium sehr inhaltlich orientiert sind, werden die „impliziten Regeln“ gar nicht thematisiert und daher auch nicht bewusst gemacht, verarbeitet und kritisch hinterfragt.

Daher wird erst in einem Training oder einem Coaching-Prozess bewusst, dass Frauen Unterstellungen haben, implizit Annahmen in den Beruf hineintragen. In Bezug auf den Aspekt „was ist Führungskompetenz?“ besteht die implizite Annahme darin: Eine Führungskraft muss über eine entsprechende Persönlichkeit verfügen. Frauen unterstellen einer Führungskraft eine starke Führungspersönlichkeit und gehorchen auf diesem Boden den Anweisungen. Wenn eine Führungskraft über geringere Fachkompetenz als sie selbst verfügt, irritiert das zunächst sehr. Zwar wird im Konkreten akzeptiert, dass es eine Funktionsteilung gibt und dass daher ein Defizit in der Sachkompetenz sein kann. Wenn Frauen jedoch entdecken, dass sich eine Führungskraft davor „drückt“ klare Entscheidungen zu treffen oder Konflikte zu lösen, so verachten Frauen sowohl weibliche als auch männliche Vorgesetzte dafür. Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch in dem daraus resultierenden Verhalten. Ein männlicher Vorgesetzter wird weiterhin in seiner Funktion respektiert. Eine weibliche Vorgesetzte nicht, weil sie in erster Linie als andere Frau und nicht in ihrer Funktion gesehen wird.

Als Frau andere Frauen ohne Führungspersönlichkeit zu führen ist so gut wie nicht möglich. Der dadurch entstehende Reibungsverslust ist enorm. Es besteht ein verstärkender Effekt:

  • Wenn eine Frau eine andere Frau als Führungskraft akzeptiert, so stellt sie ihr nicht nur die Arbeitsleistung, sondern vor allem die emotionale Unterstützung, Anerkennung, Beziehungsintelligenz zur Verfügung.
  • Wenn nicht, so findet zwar die Ebene des „Sachlichen“ weiterhin statt, doch jede aktive Mitarbeit, emotionale Bestärkung, Kooperationsbereitschaft wird eingestellt. „Wenn die meint, dass sie Führungskraft sein will, dann soll sie es tun!“

Männliche Mitarbeiter ohne starke Persönlichkeit zu führen ist für eine Frau ebenso nicht wirklich möglich. Das jedoch aus anderen Gründen. Männer testen ihre Führungskraft, ob Frau oder Mann. Um dieses Machtspiel aushalten zu können, bedarf es eines sehr stabilen Selbstwertgefühls und einer emotionale Distanz zu den Mitarbeitern. Und schließlich bedarf es einer professionellen Sprachkompetenz.

Stabiles Selbstwertgefühl

„Ich weiß, dass ich etwas kann“, „Ich traue mir diese neue Aufgabe zu!“. Die Erfahrung und viele Untersuchungen bestätigen, dass Frauen und Männer diese Sätze in unterschiedlichen Kontexten verstehen und entsprechend ihr Selbstwertgefühl anders „füttern“. Wenn einer Frau eine Aufgabe zugetraut wird, heißt das noch lange nicht, dass sie sich diese selbst zutraut. Frauen haben die Tendenz zur 100%igen Erfüllung, während ihnen der Blick auf „für diese Situation und dieses Handlungsziel hinreichende“ Erfüllung eher fremd ist. Ausprobieren, Fehler machen, lernen aus Erfahrung sind zwar möglich, werden von Frauen jedoch häufig als ein Makel wahrgenommen, der am Selbstwertgefühl nagt. Selbstwertgefühl bei einer klar sichtbaren Wissensgrenze und Erfahrungsdefiziten zu behalten, ist ein zentrales Coaching-Ziel, um Frauen den Weg in die Führungsposition zu ebnen.

Denn Führung bedeutet ja immer: in einer neuen Situation zu sein, sich nicht auszukennen, sondern ausschließlich aus der bisherigen Kompetenz den Mut zu schöpfen, zu improvisieren und darauf zu vertrauen, dass bisherige Lösungswege wieder funktionieren oder neue Ideen auftauchen, innovative neue Wege zu gehen. Menschen in unbekanntes Gelände zu führen löst enorme Versagensängste aus und macht Frauen und Männer verwundbar, empfindsam. Zur männlichen Rolle gehört die Aufgabe dazu: „Härte gegen sich und andere“. Zur weiblich-mütterlichen Rolle jedoch nicht. Ertragsziele können daher nicht höher stehen, wesentlicher sein, als die Befindlichkeit der Mitarbeiter. Eine Mutter, deren Kind nicht gut ernährt wird, stellt eigene Bedürfnisse zurück, eine Führungsfrau eben häufig auch: sie arbeitet mehr, sorgt auch für die emotionalen Belange, „versteht“ vieles, auch Privates. Der entscheidende Hebel ist hier, dass der Coaching-Prozess Bewusstsein dafür schafft: Führen mittels der Mutterrolle setzt Kinder voraus. Mitarbeiter sind Erwachsene und für ihr eigenes Leben verantwortlich. Eine Führungskraft braucht dafür selbst eine große Bewusstheit, und es muss ihr gelingen, diese auch bei ihren Mitarbeitern zu wecken. Das heißt klare Grenzen zu ziehen zwischen „Verständnis: ja“ und „Verantwortung übernehmen: nein“. Um das zu können braucht eine Frau in Führungsposition auch emotionale Distanz.

Emotionale Distanz

Emotionale Distanz ist etwas sehr Relatives. Und wie so oft geht es dabei um den goldenen Mittelweg. Viele junge Frauen in Führungspositionen imitieren den „männlichen“ Weg, fordern von sich und anderen „Sachlichkeit“, während sich der männliche Führungsnachwuchs in „emotionaler Intelligenz“, „sozialer Kompetenz“, „Mitarbeitergesprächen“ und „Führen durch Vertrauen“ schult. Die weibliche Rolle qualifiziert in den Soft-Skills, doch sie werden in der Familienarbeit nicht so genannt. Wenn die Führungsfrau sie wertschätzt, kann sie die Beziehungskompetenz zielführend im Beruf einsetzen.

Für Konfliktsituationen stellt sich daher die Frage: Wann kann eine Frau ihre soziale Kompetenz nutzten und um Verständnis werben und wann gilt es, Einsamkeit auszuhalten und unangenehme Entscheidungen auch mit Machtmitteln durchzusetzen? Es gibt keine richtige und keine falsche Antwort. Es gilt, für jede Situation neu eine zielführende Antwort eigenverantwortlich zu finden.

Emotionale Distanz ist ein Spannungsfeld zwischen sowohl – als auch:

  1. In jeder Situation neu den angemessenen Abstand zur anderen Person herzustellen, um die anstehenden Ziele zu realisieren.
  2. Im beruflichen Bereich eine große Unabhängigkeit von der Sympathie der anderen Menschen aushalten zu können, wenn schwierige Sachentscheidungen getroffen werden und zugleich die anderen als Person emotional achten, wahrnehmen und respektieren zu können.
  3.  Sowohl Abstand wahren zu können als auch Offenheit für Gespräche zu haben, nachfragen zu können und Interesse an den Anliegen der Mitarbeiter zeigen zu können.
  4.  Meinungen vertreten zu können, die neu sind, alte Wahrheiten in Frage stellen, verunsichern und diese Verunsicherung wahrnehmen, thematisieren zu können, emotionales Verständnis zu haben, ohne vom eigenen Standpunkt abzuweichen.
  5. Sich berühren zu lassen durch andere Personen, durch ihre Ansichten, sich damit auseinander zu setzten und sie sogar anzunehmen, wenn sie zielführender erscheinen, ohne den eigenen Status, die Selbstwertschätzung dadurch zu verlieren.

Emotionale Distanz zu leben ist keine Technik, sondern gelingt nur auf dem Boden einer sowohl autonomen als auch bezogenen Persönlichkeit.

Professionelle Sprachkompetenz

Die berufliche Welt pflegt eine ziel- und handlungsorientierte Sprache. Das ist jedoch nicht die einzig übliche Sprache. Das Bewusstsein wächst immer mehr, dass Frauen anders miteinander sprechen als Männer. Nicht nur die Themen sind andere und Wortbedeutungen variieren, sondern auch der Status zeigt sich in Abhängigkeit zum Sprachgebrauch. Es gibt Weichmacher in der Sprache, die zu einer Statusminderung führen.

Was ist mit Frauen- und Männersprache gemeint? Wir wissen alle, dass Sprache gelernt ist und damit wohl kaum der Biologie zugeordnet ist. Vielmehr ist sie einem unterschiedlichen Bezugsrahmen zugeordnet. D.h. je nach dem Rahmen für den die Sprache entwickelt wurde, ist sie unterschiedlich fokussiert. Dabei sind zwei zentral unterschiedliche Bezugsrahmen vorhanden: der eine mit dem Schwerpunkt auf Anweisungen, Handlungsinitiierung und kurzer präziser Zielbeschreibung – das ist der so genannte „männliche Sprachstiel“ – und der andere mit dem Schwerpunkt auf Beziehungspflege, Initiierung von Selbstreflexion, der der „weiblichen“ Sprache zugeordnet wird.

Für Frauen in Führungspositionen gilt: sie müssen beide Sprachen sprechen und sie müssen vor allem wissen, welches der unterschiedlichen Kommunikations- und Sprachmuster von beziehungsorientierter und handlungsorientierter Sprache wann das Zielführendere ist.

Junge Führungsfrauen haben sich vielfach den handlungsorientierten Sprachstil angeeignet. Sie treffen im Alltag auf Frauen, die ganz in der familienorientierten Beziehungssprache verwurzelt sind, und auch hier liegt ein Grund dafür verborgen, dass Frauen sich ungern von Frauen führen lassen. Denn für die Grenzverletzungen von Frauen besteht eine große Sensibilität und ein geringeres Verzeihen als dem männlichen Chef gegenüber. Und wenn die Mitarbeiterin sich nicht wertgeschätzt fühlt, lässt sie ihre Führungsfrau gnadenlos auflaufen.

Drei wesentliche Bereiche der Entwicklung der weiblichen Führungspersönlichkeit sind von mir beschrieben worden: Das Selbstwertgefühl, die emotionale Distanz und die professionelle Sprachkompetenz.

Wie kann ein Coaching diesen Entwicklungsprozess der weiblichen Führungspersönlichkeit begleiten, fördern, ermöglichen?

Ich sehe die Aufgabe von mir als Coach vielschichtig und unterscheide mehrere Ebenen:

  • die Supervisorin,
  •  die Trainerin und
  •  der Katalysator.

Alle drei sind miteinander verzahnt, und das Coaching selbst ist ein Lernfeld, eine Prozessarbeit.

Der Coach als Supervisor

Führung ist ein komplexer, vielschichtiger Vorgang. Vor allem erfordert Führung eine hohe Flexibilität, das Aushalten-Können der Spannung zwischen widersprüchlichen Anforderungen, die Fähigkeit angesichts divergierender Interessen und Personen Ziele festzulegen und handlungsfähig zu sein. Führung basiert auf der Kenntnis von Techniken, vor allem aber darauf, diese im konkreten Umgang mit Menschen und situationsbezogen anwenden zu können.

Rückmeldung, Feedbacks zu geben, zu spiegeln, andere Perspektiven zur Verfügung zu stellen und aus der emotional distanzierten Position heraus Anregungen zu geben, so dass die Vielschichtigkeit nicht nur als verwirrende Vielfalt erlebt wird, sondern wieder einzelne Handlungsstränge unterschieden werden können, ist die klassische Rolle des Supervisors. Diese Funktionen sind auch im Coaching von Frauen in Führungspositionen fundamental.

Der implizite Prozess, der zusätzlich im Führungscoaching zwischen zwei Frauen stattfindet, liegt in einer gegenseitigen Wertschätzung, im Kompetenzaustausch und darin, Rollendistanz miteinander zu leben. D.h. für die Frau als Coach, dass sie die Kompetenzen der emotionalen Nähe und Distanz konkret anwendet und dadurch zeigt, wie es geht und auch welche Schwierigkeiten sich daraus ergeben können. Der sachbezogene Supervisionsprozess wird um die Supervision der Emotionen, der Beziehungsebene, der Bewusstmachung der Erlebenswelt der einzelnen betroffenen Personen erweitert.

Der intelligente Umgang mit Emotionen ist für beruflichen Erfolg zentral. Die Ausklammerung der Emotionen im Beruf bedeutet ja nur, sie „unter den Teppich zu kehren“ mit der Folge, dass sie als Mobbing, als Burn-out, als mangelnde Motivation und geringe Selbstverantwortung der Mitarbeiter wieder auftauchen. Ziel im Coaching-Prozess ist dabei, diese Informationen und die emotionale Intelligenz der Führungsfrau nutzbar zu machen und in Handlungsstärke umzusetzen.

Der Coach als Trainer

Klare, kurzfristige Verhaltensziele und Änderungen stehen hier im Mittelpunkt. Der effizientere Umgang mit sich selbst und mit anderen ist kennzeichnend. Je mehr es einer Führungskraft gelingt, die soziale Kompetenz mit einer Handlungsstärke zu verbinden, um so erfolgreicher kann sie sein. Dabei ist Erfolg sowohl in den Ergebnissen des jeweiligen Arbeitsertrages sichtbar, der Arbeitseinheit, die sie führt, als auch in der Arbeitszufriedenheit der Geführten. Diese wiederum trägt zu einer hohen Arbeitsmotivation und damit einer Ertragssteigerung bei.

Die Entwicklung einer authentischen Führungspersönlichkeit ist eine Entwicklungsaufgabe. Der Besuch von Seminaren ist dafür hilfreich. Die Umsetzung der Inhalte in der konkreten Führungssituation überfordert eine Führungskraft vielmals. Hier setzt die zentrale Arbeit des Coachs an. Im Coaching kann die Verbindung zwischen der Person der Führungskraft und den Techniken fein abgestimmt werden. Die persönlichen Ressourcen sind dabei ebenso ein wichtiger Boden, wie die Schwächen und die Integration von neuen Techniken und Haltungen. Die Zielerwartungen der Führungskraft an sich selbst, die deren Mitarbeiter und die der vorgesetzten Ebene, gilt es in Einklang zu bringen, und zwar täglich und situativ neu. Im Coaching ist daher eine konkrete Vermittlung von Führungstechnik und vor allem deren situationsangemessene flexible Anwendung zu planen, zu üben und deren Anwendung im Nachhinein kritisch zu reflektieren ein weiterer zentraler Schritt.

Themen sind dabei wie in allgemeinen Führungscoachings verschiedene Führungstechniken. Die Führungstechniken sind in der Regel von Männern für Männer entwickelt. Daher bedarf es auch im Bereich der Vermittlung von Führungs-Techniken einen „weiblichen Blick“, um zu überprüfen, welche der geforderten Techniken von Frauen in Führungspositionen trainiert werden wollen – und welche sie eben nicht will oder in einer modifizierten Weise anwenden will. Allein die Sichtung und kritische Reflexion erfordert ein Selbstwertgefühl: „Darf ich die Regeln der Männerwelt in Frage stellen?“ Für eine Frau ist es zum Einen wichtig: 1. ihre impliziten Annahmen zu kennen. 2. die Annahmen derer, die sie führt, zu kennen. 3. zu entscheiden, wie sie beide Elemente in ihrem Team vertreten haben will und 4. dies in klaren Worten zu kommunizieren.

Zum Anderen ist ein weiterer Aspekt der, dass Frauen vielfach meinen, Neulinge zu sein im Führungsbereich, und erst durch den Bewusstwerdungsprozess in ein Coaching erkennen, das sie viele der Fertigkeiten und Führungstechniken unter anderem Namen bereits aus der Familienarbeit kennen. Z.B. das Organisieren, die Multi-Task-Kompetenz, die sprachliche Vielfalt, das Einfühlungsvermögen. Hier bedarf es der Reflexion, der Umbenennung, des Refraiming.

Der Coach als Katalysator

Präsenz beschreibt die Haltung des Coachs in dieser Position am Besten. Die Eigenverantwortlichkeit für das Ergebnis liegt bei der Führungsfrau. Vertrauen in das Potential der Führungsfrau kennzeichnet den Prozess von Seiten der Begleiterin. Von Seiten von Frauen in Führungspositionen ist er durch Anvertrauen, innerer, bis dahin nicht dem Bewusstsein zugänglicher Wünsche, Ziele und Visionen gekennzeichnet. Ohne Wertung und voller Respekt für die Wahrheit der Anderen findet dieser Prozess als ein bewusst Machen von bis dahin für die Führungsfrau unbewusstem Material zur inneren Berufung statt. Es besteht immer die Wahl, die Informationen anzunehmen oder zu verwerfen, ebenso wie sie anzuschauen und es dabei zu belassen oder sie in einem nächsten Schritt in Handlungswege umzusetzen. Dabei wird dann der Rückgriff auf die Führungswerkzeuge wieder relevant.

Das Verhalten des Coachs ist scheinbar passiv, dienend und ist doch zugleich sehr aktiv. Achtsamkeit für die Erlebenswelt der Anderen kennzeichnet die Arbeitshaltung. Es ist insofern ein „weiblicher“ Prozess als er Reifen-Lassen beinhaltet, Geduld abverlangt von der Führungsfrau wie von Seiten der Begleiterin. Das Ziel ist, die Aufmerksamkeit auf die Fragestellung des Gegenübers zu halten, zu empfinden welche Aussagen „geladen“, von Energie erfüllt sind, und das, was wesentlich für das Gegenüber ist, in Worte zu fassen. Es ist ein Einfühlen in das Potenzial der anderen Frau ebenso, wie ein bewusstes Hören, Aussprechen, ein Verknüpfen der Sachinformationen mit Ideen, ein Liefern der eigenen Assoziationen und Lösungsbilder im Hinblick auf die Vervollkommnung von Bildern aus dem Inneren des Gegenübers.

In jeder Führungsaufgabe liegt die Chance zum Scheitern, und das empfinden Frauen oft vielfach stärker als die Chance zu Erfolg, Ruhm, Geld, Macht und Status. Letztlich ist es vielfach noch eine weitere Komponente, nämlich der größere Wirkraum, der Einfluss eigene Ideen ins Leben zu rufen, der Frauen die Angst vor dem Versagen überwinden und eine Führungsaufgabe anstreben lässt.

Als Katalysator bin ich als Coach wie ein Resonanzraum für die andere Frau. Oder eben wie eine magnetische Wirkkraft, die die einzelnen Facetten der Anderen, durch Fragen zu neuen Ordnungsbildern strukturieren hilft.

Ein Beispiel: Metallspäne liegen ungeordnet auf einer Tischplatte. Ein Magnet, der unter dem Tisch entlang geführt wird, ordnet sie. Die Themen, Ressourcen, Potentiale der Führungsfrau sind die Späne. Die wertschätzende Aufmerksamkeit, die Achtsamkeit, die Fragen, die als Angebot gehaltenen Bilder und Assoziationen des Coachs sind der ordnende Magnet. Der Magnet führt zu Strukturierungen – und in diesem Prozess lernt die Führungsfrau zugleich selbst, diese, durch den Magnet dargestellte, achtsame Fragestellung für sich selbst zu entwickeln.

Dieser Prozess ist der subtilste und zugleich der, der die Wurzel am Tiefsten in den Boden der eigenen Persönlichkeit treibt und damit das Selbstwertgefühl tiefgründig verankert. Wenn es Frauen in Führungspositionen gelingt, die eigenen Ressourcen zu erkennen, zu empfinden und ihrer Einflussmöglichkeit zugänglich zu machen, so sind sie mit einer tiefen inneren Motivation verbunden, die die Energie zur Umsetzung ebenso freisetzt wie einen Selbstschutz gegen Anfeindungen von außen darstellt. Hier vermischt sich der Beruf mit der Entwicklung der Berufung. Das Potential der Führungsfrau wird im Coaching bewusst und entwickelt, und Führungskompetenz und Führungspersönlichkeit sind untrennbar miteinander verbunden.

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