24. Mai 2010

Buchrezension: Miriam Meckel, „Brief an mein Leben – Erfahrungen mit einem Burnout“

Miriam Meckel ist erfolgreich. Sie ist Professorin für Kommunikationswissenschaften, eine Karrierefrau, eine öffentliche Person. Als sie das Buch schreibt ist, sie 42 Jahre alt. Sie schreibt es in einer Klinik, in der sie von einem Burnout gesundet.

Wäre sie nicht so bekannt, das Buch hätte wohl nicht diese Resonanz gefunden. Denn das Thema selbst ist noch immer unter Erfolgreichen etwas, das eher verheimlicht wird. Allein schon deswegen sei ihr für den Mut gedankt, ihre persönlichen Erfahrungen mit uns Leserinnen zu teilen. Sie gibt Einblicke, wie sie in den völligen Erschöpfungszustand hineingekommen ist und zeigt einen Teil des Weges, den sie zurück zu sich selbst begeht.

Völlige körperliche und psychische Erschöpfung, ausgebrannt sein, das umschreibt einen Erlebenszustand, in dem kein Funktionieren mehr möglich ist. Es ist der energetische Bankrott. Der Körper und die Seele können nicht mehr. Sie selbst hatte das als Versagen erlebt. Ein erster Schritt zu Heilung ist daher der, so schmerzlich und schwer es für sie ist, zu erkennen: auch sie hat Grenzen. Gerade weil ihr all das Viele, was sie beruflich und privat erleben wollte so viel Freude bereitete, war es ihr so schwer, ihre eigenen Grenzen zu achten. Sie hat sie gemerkt, aber immer wieder mit viel Willenskraft weiter gemacht. Burnout hat man sich immer hart erarbeitet! Selbstdisziplin und die Freude am Erfolg sind zentrale Zutaten; und nicht zuletzt die gesellschaftliche Anerkennung genau dieser Art und Weise mit sich umzugehen „Geht nicht, gibst´s nicht!“

Frau Meckel kann sehr schön schreiben, anregend, anschaulich, wissenschaftlich unterfüttert, in einigen Passagen literarisch. Es ist kein unreflektierter Selbsterfahrungsbericht, sondern eine tiefgründige Auseinandersetzung mit sich selbst, exemplarisch, die zu lesen lohnend ist.

Sie setzt sich mit Themen auseinander, die sie an sich schätzte und die zur Gefahr geworden waren: Multitasking – Mehreres schnell gleichzeitig machen und denken, viel Verschiedenes in verdichteter Zeit umsetzten. Sich ständig bewegen, geistig und körperlich (reisen). Sie wusste, dass das Gehirn nicht alles gleichzeitig kann, aber welche Folgen der immer schnellere Wechsel hatte, wie sich mentale Erschöpfung auswirkt, das zu erfahren, war bitter.

Frau Meckel hat eine steile Karriere hingelegt, die jüngste Professorin, sehr sichtbar, vorbildlich. Dies reflektiert sie im Kapitel „Pflegeleicht“. Sie hat ihren eigenen Erwartungen entsprochen und ihre Ziele hat sie sich hoch gesetzt. Gleichzeitig hat sie es aber auch anderen immer wieder leicht gemacht, mit ihr umzugehen. Den Preis reflektierte sie zu spät.

Die Zeit für sich selbst ist dabei zu kurz gekommen. Für die Seiten, die nicht mit Arbeit und Öffentlichkeit zu tun hatten. Die Seiten, die mit Gefühlen und mit Bindung umschrieben sind. Gefühle und Bindung zu anderen und zu sich selbst. Sie nimmt sich Zeit, die Trauer um den Verlust geliebter Menschen nochmal für sich in der Zeit zu durchleben, die sie dafür braucht und auch diesen geschützten Raum, fernab von den Anforderungen der Welt an sie und ihr gerne-in-der-Welt agieren, um sich den inneren Anteilen stellen.

Besonders berührt hat mich, wie sie eine Übung schildert, während der sie die Beziehung zu sich neu sucht und findet. In der ständigen Außenorientierung und der realen Schnelligkeit ihres Lebens, und schließlich noch verstärkt durch den Erschöpfungszustand, hatte sie ihren inneren Halt verloren. Die Bindung zu sich und die zu nahen, persönlichen Menschen entdeckte sie in einer gefühlten Weise. „Ich brauche Wurzeln“ (S. 74).

Es ist ein sehr persönlicher Ordnungs- und Verarbeitungsprozess, an dem Frau Meckel die Leser teilhaben lässt und doch enthält er nichts, was zu intim wäre. Nichts, was das Empfinden hinterlässt, das in anderen Berichten über das Buch durchschimmerte: Sie macht auch daraus noch ein Projekt. Es ist ein sehr konstruktives Buch. Es lässt am Lösungsweg teilhaben.

Ich haben das Buch als ein Geschenk an ihre Generation gelesen: Nimm Dich selbst früher wichtig!

Sollten Sie mehr zur Entstehung von Burnout erfahren wollen, so empfehle ich Ihnen zur Ergänzung noch das Buch von dem „Entdecker“ des Burnouts dem Arzt und Psychologen Herbert Freudenberger: „Burn-out bei Frauen: Über das Gefühl des Ausgebranntseins“.

Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2010
ISBN 978-3-498-04516-6

Barbara Hofmann-Huber schreibt im Coachingbüro-Blog über Meckels Buch zum Thema BurnoutBarbara Hofmann-Huber, Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin, Trainerin und Coach von Führungskräften, u.a. zum Thema Burnout

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